Kohlenhydrate bremsen deine Fettverbrennung
Kohlenhydrate sind böse, machen dick und sabotieren unsere Diät. Kaum ein Nährstoff hat mit so vielen Vorurteilen zu kämpfen, wie der Energielieferant, den wir in Form von Obst, Gemüse, aber auch Backwaren und Süßigkeiten zu uns nehmen können.
Doch ist diese Haltung gegenüber Kohlenhydraten gerechtfertigt? So viel sei schon einmal verraten: Ja, Kohlenhydrate können unter bestimmten Bedingungen dick machen und sie bremsen in jedem Fall deine Fettverbrennung. Wir sollten sie dennoch keinesfalls verteufeln!
Brauchen wir überhaupt Kohlenhydrate?
Kohlenhydrate sind ein Makronährstoff, der vom Körper ebenso wie Fett als Energiequelle genutzt wird und damit andere Aufgaben im Körper erfüllt, als der dritte große Makronährstoff Protein, der vom Körper nur in Ausnahmefällen und auch nur in geringen Mengen zur Sicherstellung der Energiereserven genutzt wird. Kohlenhydrate und Fette können auf unterschiedliche Arten von den Zellen unseres Körpers genutzt werden, wobei wir es bei der einfachen Unterteilung aerob (mit Sauerstoff) und anaerob (ohne Sauerstoff) belassen wollen. Während der aerobe Stoffwechsel sowohl mit Kohlenhydraten als auch Fetten gelingt, können nur Kohlenhydrate anaerob vom Körper genutzt werden.
Dies ist auch der Grund, warum wir auch theoretisch nicht gänzlich auf diesen Makronährstoff verzichten können. Es gibt Zellen (Blut und Teile des Nervensystems), die nur zu einer Energiegewinnung ohne Sauerstoff in der Lage und entsprechend auf Kohlenhydrate angewiesen sind. Wir sprechen hier von rund 30 Gramm Kohlenhydraten pro Tag.
Ein weiterer Kohlenhydratverbraucher in unserem Körper ist das Gehirn. Dieses benötigt jeden Tag in etwa 120 Gramm Kohlenhydrate und holt sich diese aus dem Blut. Da darin jedoch nur wenige Gramm herumschwimmen, sorgt die Leber in unserem Körper für kontinuierlichen Nachschub, um die Versorgung des Gehirns zu gewährleisten. Selbst wenn wir radikal auf Kohlenhydrate verzichten und das Gehirn seine Energie aus sogenannten Ketonkörpern bezieht, die bei einer Low Carb Ernährung produziert werden, verlangt das Denkorgan immer noch nach einigen wenigen Kohlenhydraten, so dass wir von etwa 50 Gramm pro Tag ausgehen können, die der Körper selbst bei einer kohlenhydratreduzierten Ernährung benötigt.
Erhält unser Organismus diese nicht über die Nahrung, so stellt die Leber die notwendigen Kohlenhydrate aus Abbauprodukten und Aminosäuren her. Insgesamt werden also jeden Tag etwa 150 Gramm Kohlenhydrate (30 Gramm Blut und Nervensystem, 120 Gramm Gehirn) von ganz allein verbraucht, wobei sich diese Menge durch körperliche Bewegung und intensives Training weiter erhöht.
Machen Kohlenhydrate dick?
Wenn wir Kohlenhydrate essen, gelangen diese über den Verdauungstrakt und die Leber in unser Blut. Ich schrieb bereits, dass darin nur wenige Gramm des Makronährstoffs gelöst sind. Dieser Wert wird durch den Blutzuckerspiegel beschrieben. Der Blutzuckerspiegel muss sich (dauerhaft) in einem gewissen Korridor befinden, der recht eng ist. Sowohl das Unterzuckern als auch das Überzuckern können tödlich enden, wobei sich gesunde Menschen keine Gedanken machen müssen. Selbst wenn wir uns schlapp oder müde fühlen, weil wir unterzuckert sind, gelingt es der Leber diesen Zustand schnell genug wieder auszugleichen. Ein gesunder Mensch stirbt also nicht an zu wenig Kohlenhydraten.
Ist unser Blutzuckerspiegel dagegen zu hoch, wird das Hormon Insulin ausgeschüttet. Insulin soll dafür sorgen, dass die Kohlenhydrate aus dem Blut in die Zellen transportiert werden. Nicht irgendwelche Zellen, sondern vor allem unsere Muskeln, die mit Kohlenhydratspeichern ausgestattet sind. Die Größe und Anzahl der Speicher können wir durch Training im Fitnessstudio in doppelter Hinsicht vergrößern: Zum einen bedeutet mehr Muskelmasse auch gleichzeitig mehr Kohlenhydratspeicher. Zum anderen vergrößern sich die bereits vorhandenen Speicher bei gut trainierter Muskulatur.
Das klingt soweit erst einmal gut, doch was ist, wenn die Kohlenhydratspeicher der Muskulatur gefüllt sind? Weitere Speicher befinden sich in der Leber, wobei die Größe je nach Körperstatur variiert und die Leber unter normalen Umständen ihre Speicher auch nie gänzlich leeren wird. Sind auch diese Kohlenhydratspeicher gefüllt, so müssen die Kohlenhydrate entweder vom Körper zur Energiegewinnung genutzt oder in anderer Form gespeichert werden. Welche Form das ist? Du ahnst es: Fett.
In der Leber und in den Fettzellen werden die Kohlenhydrate aus dem Blut zu Fett umgewandelt, das entweder in den vorhandenen Fettzellen gespeichert wird oder zur Not in neu erschaffene Fettzellen gelangt. Dieses Fett wird später, wenn gerade keine neuen Makronährstoffe über die Nahrung in den Körper gelangen, wieder verbraucht. Je nachdem, wie unsere Kalorienbilanz ausfällt, werden wir am Ende des Tages mehr Körperfett verbraucht als (neu) aufgebaut haben oder anders herum, was sich nach einigen Tagen und Wochen in einer Zu- oder Abnahme sichtbar macht.
Kannst du verhindern, dass Kohlenhydrate zu Fett umgewandelt werden? Das kannst du! Indem du dich (sportlich) bewegst, deine Muskeln im Training arbeiten lässt und auch deinen Alltag aktiv gestaltest. Insbesondere schwere körperliche Herausforderungen, wie das Training im Fitnessstudio, leeren die Speicher der Muskeln (zum Teil) und sorgen dafür, dass die nächste Mahlzeit im Muskel und nicht in den Love Handles landet. So gesehen machen also nicht Kohlenhydrate dick, sondern nur zu wenig Bewegung und ein Kalorienüberschuss!
Insulin bremst die Fettverbrennung
Ich sprach bereits das Hormon Insulin an, das dafür sorgt, dass der Blutzuckerspiegel wieder nach unten reguliert wird, nachdem Kohlenhydrate gegessen wurden. Wenn Insulin ausgeschüttet wird, sorgt dies gleichzeitig dafür, dass die Produktion eines Enzyms namens HSL gebremst wird. Die hormonsensitive Lipase, wie HSL vollständig heißt, löst Fettsäuren aus unseren Fettzellen und sorgt somit dafür, dass diese ins Blut gelangen und vom Körper zur Energiegewinnung genutzt werden können.
Die Fettbremse darf man seinem Körper nicht übelnehmen, denn sie ist äußerst sinnvoll: Schließlich schwimmen im Blut in Form der Kohlenhydrate gerade mehr als genügend Makronährstoffe, die zur Energiegewinnung genutzt werden können. Hohe Blutfettwerte sind keinesfalls gesund, jedoch nicht so gefährlich wie eine Überzuckerung, so dass dieser Prozess in gewissem Maße auch als Sicherheitsmaßnahme des Körpers verstanden werden kann.
Sobald der Blutzuckerspiegel stabil ist, sinkt die Insulinausschüttung auch wieder. Dabei sollte man nicht die Fehler begehen, und „schnelle Kohlenhydrate“, die für eine stärkere Insulinausschüttung sorgen, als „böse“ dastehen zu lassen. Wenn wir uns im Vorfeld bewegt haben und unsere Muskelspeicher ausreichend leerten, ist es egal, ob wir „langsame“ oder „schnelle“ Kohlenhydrate essen.
So gesehen, stimmt es also, dass Kohlenhydrate deine Fettverbrennung bremsen. Allerdings gilt dies nur für den Moment. Der entscheidende Punkt bleibt die Kalorienbilanz.